Zeitungsartikel 2021

Ministranten demonstrieren für die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare beim Besuch von Erzbischof Burger auf der LGS

Südkurier, 21.05.2021

Junge Katholiken aus Markdorf, Frickingen und Überlingen haben am Rande eines Besuchs von Erzbischof Stephan Burger für Vielfalt in der Kirche demonstriert. Zuvor wurde auf der Seebühne der Landesgartenschau ein ökumenischer Gottesdienst gefeiert, an dem auch der evangelische Landesbischof Jochen Cornelius-Bundschuh teilnahm.

Diese beiden jungen Katholiken demonstrierten für die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare am Rande eines Besuchs des katholischen Erzbischofs Stephan Burger in Überlingen: Achim Stengele (links, KJG Frickingen) und Noah Löbermann (Ministranten Markdorf).
Diese beiden jungen Katholiken demonstrierten für die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare am Rande eines Besuchs des katholischen Erzbischofs Stephan Burger in Überlingen: Achim Stengele (links, KJG Frickingen) und Noah Löbermann (Ministranten Markdorf).

Mit Sprechchören empfingen die Ministranten ihren Bischof. „Für die Liebe, für das Leben, Segen muss es für alle geben“, sprachen die jungen Katholiken im Chor, als der Freiburger Erzbischof Stephan Burger an ihnen vorüberging. Burger kam vom Landesgartenschau-Gelände, wo er zuvor mit dem evangelischen Landesbischof einen Gottesdienst feierte. 25 Ministranten und Mitglieder der KJG (Katholische Junge Gemeinde) aus Markdorf, Frickingen und Überlingen stellten sich mit Regenbogen-Fahnen an den Weg und setzten ein Statement für die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare, die der Vatikan weiter ablehnt.

Zuvor wurde auf der Seebühne der Landesgartenschau ein ökumenischer Gottesdienst gefeiert. Beide Zelebranten der großen Kirchen in Baden, Landesbischof Jochen Cornelius-Bundschuh (links im Bild) und Erzbischof Stephan Burger, betonten in ihren Ansprachen die Verantwortung des Menschen für die Bewahrung der Schöpfung. Wasser diente ihnen als Symbol für Leben, aber auch als zerstörerisches Element. Zuvor wurde auf der Seebühne der Landesgartenschau ein ökumenischer Gottesdienst gefeiert.

Das Vokalensemble am Überlinger Münster sang „Der Herr ist mein Hirte.“ Es handelte sich um die Uraufführung einer Komposition von Melanie Jäger-Waldau, die eigentlich für das Pueri-Cantores-Treffen in Überlingen geschrieben wurde, einem Treffen von 800 Kinder- und Jugenchören, das aber der Pandemie zum Opfer fiel. Im Mai 2022 wird es in Überlingen nachgeholt, sieht Jäger-Waldau dem 800 Stimmen zählenden Chor entgegen.

Nach dem Gottesdienst trugen sich die beiden Bischöfe in das Goldene Buch der Stadt Überlingen ein und wurden von Oberbürgermeister Jan Zeitler über das LGS-Gelände geführt, das in einem dramatisch schönen Sonnenlicht leuchtete, nachdem es zuvor tagelang geregnet hatte.

Oberbürgermeister und Bischöfe begaben sich vom LGS-Gelände Richtung Kirchenschiff. Dort wurden sie von den Ministranten-Demonstranten empfangen. Achim Stengele vom Leitungsteam der KJG in Frickingen begründet seinen Aufruf: „Ich wünsche mir eine katholische Kirche, die alle Menschen einschließt und niemanden diskriminiert, die offen ist für andere Lebensentwürfe und dadurch niemanden benachteiligt.“

Erzbischof Burger schritt die Wand aus Regenbogen-Fahnen ab. Er stimmte den Sprechchören zu und sagte, dass jeder Mensch gesegnet werde, worauf ihm die Demonstranten entgegenhielten, dass er bitte auch alle Partnerschaften segnen möge.

Im Hintergrund waren die Sprechchöre weiter zu hören, als Bischof Burger das Kirchenschiff der Landesgartenschau betrat. „Segen sein und Segen geben, alle sollen mit Gottes Segen leben“, lautete einer der Forderungen.

Auf Nachfrage des SÜDKURIER, warum er gleichgeschlechtliche Paare nicht segne, antwortete der Erzbischof: „Mir ist es wichtig als Bischof, für alle da zu sein. Jede Person kann den Segen empfangen.“ Auf der LGS-Bühne spendeten sowohl Burger als auch Cornelius-Bundschuh den Besuchern auf den Tribünen den kirchlichen Segen.

Doch warum nicht auch und ganz offiziell für schwule oder lesbische Paare? Erzbischof Burger antwortete, dass die katholische Kirche von ihrer Geschichte und ihrer Entwicklung her „anders positioniert“ sei. „Das hängt auch mit der eigenen Entwicklung der Moralvorstellung zusammen.“ Er merke schon, dass die jüngste Antwort aus Rom innerhalb der Erzdiözese „sehr kontrovers diskutiert wird“. Ihm sei es aber wichtig, „mit allen im Gespräch zu bleiben und niemanden auszuschließen“.

Wenn Ministranten demonstrieren statt zu ministrieren, dann habe er damit „kein Problem“, so Burger. „Im Gegenteil, zeigt es doch, dass sie sich mit dem Thema auseinandersetzen und sich Gedanken machen, dass sie Kirche mitgestalten wollen, das zeigt die Lebendigkeit von Gemeinden.

Das Kirchenschiff ist eine gemeinsame Einrichtung der christlichen Kirchen aus Überlingen, als Beitrag zur Landesgartenschau. Auf ihm versammeln sich evangelische und katholische Kirche, Freikirchen, aber auch die Neuapostolische Kirche, die in der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (ACK) „Gaststatus“ genießt, wie Dekanin Regine Klusmann sagte.

Eine ACK-Ortsgruppe sei in Gründung, sagte Oberbürgermeister Jan Zeitler. Als Oberhaupt einer weltlichen Gemeinde halte er das Kirchenschiff für eine wunderbare Einrichtung, über die ein Verständigungsprozess in Gang komme, den er gerne begleite.

Die LGS-Geschäftsführerin Edith Heppeler sagte, die LGS sei dafür da: „Dass man miteinander ins Gespräch kommt.“

Stephan Burger betonte den Wert einer Kombination von Kirche und Tourismus. „Ganz frei die Seele baumeln lassen“, so lasse sich im Urlaub Kirche anders wahrnehmen. Der Besuch eines Gotteshauses sei erholsam.

Cornelius-Bundschuh wünschte sich, dass die LGS-Besucher nicht rasch einfach nur heimfahren, sondern für ihren Alltag einen Impuls mitnehmen.

Nach seinem Besuch auf dem Kirchenschiff ging Burger ein weiteres Mal an den Demonstranten vorüber. Ein Gespräch fand nicht statt, doch stellte sich Burger für ein gemeinsames Foto zu den Demonstranten, was diese ihm positiv anrechneten. Noah Löbermann von den Ministranten Markdorf zog zufrieden Bilanz. „Wir haben ein Statement gesetzt und viele Passanten haben uns zugejubelt.“