Ministranten halten alten Brauch des Martini-Singens am Leben
Südkurier, 05.11.2022
Die Martini-Sänger sind in den Herbstferien wieder in Markdorf unterwegs und sammeln Spenden für ein Kinder-Hospital in Bethlehem. SÜDKURIER-Mitarbeiterin Leoni Georg hat die Jugendlichen auf einer Tour begleitet.
Bevor es losgeht, treffen sich die Martini-Sänger am Abend im Ministrantenkeller für eine letzte Liedprobe. Dann stülpen sich die jungen Menschen ihre langen Mäntel über und setzen ihre Hüte auf. In die Hand kommt ein Gehstock und eine Laterne. Und die kleine Spendenbox für das Kinder-Hospital in Bethlehem.
Ministranten sind seit mehreren Jahren dabei
Heute Abend ziehen die Ministranten zu fünft um die Häuser. Hanna Gihr, Franziska Rick, Gabriel Joos und Daniel Gutrolf kennen das Spiel bereits. Sie sind seit mehreren Jahren bei den Martini-Umzügen dabei. Für Anna Maria Gibson ist es das erste Mal. „Wir als Ministranten kümmern uns darum, dass der Brauch nicht ausstirbt“, sagt Franziska Rick stolz.
Brauch stammt aus dem 30-jährigen Krieg
Der Brauch hat eine Jahrhunderte lange Tradition in Markdorf. Am 1. September 1631 gründete der Markdorfer Stadtammann Christoph Petz während des 30-jährigen Krieges eine Schulstiftung. Vier Jungen aus Bürgerfamilien sollten einen besseren Unterricht erhalten sowie eine Gesangsausbildung bekommen, indem sie an Festtagen sangen. Die jungen Sänger bekamen den Auftrag, jeden November das Martini-Lied an den Haustüren zu singen, um so mit den erzielten Spenden ihrem Chorleiter als Dankeschön eine Gans bezahlen zu können.
Der Brauch entwickelte sich weiter und bleibt bis heute in abgewandelter Form in Markdorf bestehen. Heute singen keine Chorschüler mehr, sondern Ministranten. Und die Spenden werden nicht mehr für eine Gans gesammelt, sondern für einen guten Zweck. „Viele kennen das Lied noch aus ihrer Kindheit. Sie singen dann oft mit, weil es alte Kindheitserinnerungen weckt“, sagt Hanna Gihr.
Martini-Sänger ziehen von Haus zu Haus
Die Ministranten waren von 1. bis 5. November in der Stadt unterwegs. Die Teilnehmerzahl variiert von Tag zu Tag. Oft singen auch kleinere Kinder mit. Die Ministranten sind gerne jeden Abend dabei und ziehen um die Häuser. Heute geht es nach einer kurzen Einstimmung auch schon zum ersten Haus. Wenn die Leute den Brauch nicht kennen, wird die Geschichte und vor allem den Zweck des Ganzen erklärt.
Anwohner freuen sich über den Besuch
Die meisten Anwohner wissen jedoch ganz genau, wer gerade vor ihnen steht und freuen sich. So auch Nicola Benz, Egbert Benz und Heike Ihler. Die Markdorfer kennen den Brauch noch aus ihrer Kindheit. „Wir sind leider die Generation, in der die Mädchen noch nicht mitsingen durften. Ich wollte unbedingt Ministrantin werden, weil ich es toll fand“, sagt Nicola Benz. „Früher war das Martini-Lied auch auf Latein, aber das versteht eh kein Mensch, so ists viel schöner, da versteht man es wenigstens.“
Spenden gehen an Kinderhospital in Bethlehem
Jeder, der die Tür öffnet, spendet gerne Süßigkeiten für die Sänger oder auch etwas in die Klingelbox. Das Kinderhospital in Bethlehem ist bereits seit vielen Jahren das Spendenziel der Martini-Umzüge. Die nichtstaatliche Klinik in Bethlehem finanziert sich ausschließlich aus Spendengeldern und ist somit auf das Geld angewiesen, um die Kinder stationär betreuen zu können.
„Manche spenden auch direkt und sagen, ihr müsst gar nicht singen“, sagt Hannah Gihr und lacht. Dabei singen alle gerne hier. „Wir machen es für einen guten Zweck und es macht auch einfach super viel Spaß“, ergänzt sie.
Harter Kampf um die Süßigkeiten
Normalerweise ziehen die Martini-Sänger zweieinhalb Stunden um die Häuser. Jeden Tag in einem anderen Viertel „Gestern haben wir allerdings ein wenig früher aufgehört, weil wir die Süßigkeiten immer noch unter den Kleinen aufteilen müssen. Da wird immer hart gekämpft drum“, sagt Franziska Rick. Heute gibt es allerdings noch ein paar Häuser abzuklappern und ein paar Spenden zu sammeln. Deswegen ziehen sie mit ihren Mänteln, Hüten und Laternen weiter von Tür zu Tür.
Sie ziehen wieder von Tür zu Tür: Sternsingergruppen sind bis zum 6. Januar in der Stadt unterwegs
Südkurier, 03.01.2022
Bis zum 6. Januar werden etwas mehr als 30 Mädchen und Jungen durch die Straßen ziehen, an Haustüren klingeln und ihre Sternsinger-Lieder singen. Wegen Corona gibt es Vorsichtsmaßnahmen.
Sechs Kinder stehen im Chorraum von St. Nikolaus. Alle tragen sie Kronen. „Grüß Gott ihr Leut‘ von fern und nah“, sprechen sie gemeinsam, „die Sternsinger sind wieder da.“ Das war der Auftakt zur diesjährigen Sternsingeraktion in Markdorf. Begonnen hat sie am Sonntag – während des Vormittag-Gottesdienstes. Voraussichtliches Ende ist am 6. Januar, dem Dreikönigstag.
„Christus segne dieses Haus“
Bis dahin werden etwas mehr als 30 Mädchen und Jungen durch die Straßen ziehen, an Haustüren klingeln und ihre Sternsinger-Lieder singen. Und die Sternsinger werden die Segensformel anbringen. Das „Christus segne dieses Haus“, für das die Buchstaben C, B und M bei der Jahreszahl 2022 stehen. Die Aufkleber mit der Formel und die Kreide, mit der die Sternsinger die Türzargen beschriften, hat Vikar Lukas Biermayer nach dem Gottesdienst mit segnendem Weihwasser besprengt.
Nach dem Gottesdienst hatten sich auch die übrigen Kinder eingefunden. Angetan mit bunten Gewändern, Kronen tragend allesamt, wurden sie vom Vikar auf den Weg geschickt. Draußen vor der Kirche war das möglich. Dort ließ sich der in der Pandemie gebotene Abstand wahren. Drinnen wäre es viel zu eng gewesen für einen normalen Aussendungsgottesdienst, den stets auch viele Eltern besuchen.
„Bitte nur an der Tür und nicht im Haus empfangen“, hatte Vikar Biermayer während des Gottesdienstes um Verständnis für die Vorsichtsmaßnahmen geworben. Immerhin dürfen die Sternsingergruppen in diesem Jahr überhaupt ausgesandt werden. Im vergangen Januar war das noch anders. Da konnten die Spenden für die Aktion nur übers Pfarrbüro abgewickelt werden. Weder kleine Caspars noch kleine Melchiors oder kleine Balthasars durften sich auf den Weg durch die Stadt machen, um sich die Spendenbüchse füllen zu lassen.
Das Motto der diesjährigen Sternsingeraktion lautet übrigens „Gesund werden, gesund bleiben“. Im Zentrum steht dabei die Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen in Afrika. Spenden können auch im Pfarrbüro, Kirchgasse 1, abgegeben werden.